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Hallo!
Hat hier auch wer ein AD(H)S-Kind, welches in der Schule total unauffällig ist?
Unsere Tochter (9) ist hochbegabt und hat ADHS, und in der Schule kann sie das wunderbar kompensieren... muss dazu sagen, sie durfte eine Klasse überspringen und ist jetzt hinreichend gefordert, das hilft wohl sehr... Dennoch: das "klassische" ADHS-Kind ist meist schulisch auffällig, sie eher im Gegenteil... gilt als pflichtbewusst, ehrgeizig, fast überangepasst... das kostet natürlich enorm viel Energie, und zu Hause dann "mag" sie nicht mehr, retardiert regelrecht im Verhalten, in Ferien ist es besonders schlimm!...
Einerseits bin ich ja froh, dass es schulisch gut läuft, andererseits - und es fällt mir etwas schwer, dies zuzugeben - hätte ich es manchmal lieber, sie würde in der Schule durchdrehen und wäre daheim angepasst... 😛
Wer kennt das?
Es wird kontrovers diskutiert... einige behaupten, es gebe keine Hochbegabung mit AD(H)S, denn was man für AD(H)S hielte, sei bloss eine Manifestation sozialer Benachteiligung von Hochbegabung. Andere meinen, die Kombination HB und AD(H)S sei häufig.
Ich lese gerade ein gutes Buch darüber, in welchem ebenfalls kontrovers diskutiert wird:
[b][size=10]Genial, gestört, gelangweilt?: ADHS, Schule und Hochbegabung (Beltz)[/size][/b]
[u]Inhaltsangabe auf Amazon:[/u] Winston Churchill wollte nicht lesen lernen, Leonardo da Vinci nicht arbeiten, und Thomas Alva Edison flog wegen seines Verhaltens von der Schule. Heute würde bei diesen drei "Genies" wahrscheinlich AD(H)S diagnostiziert. Zunehmend wird das Phänomen der Hochbegabung mit der Aufmerksamkeitsdefizitstörung (ADS) in Zusammenhang gebracht. Besteht tatsächlich ein erhöhtes Risiko für hoch Begabte, aufmerksamkeitsgestört zu sein? Oder ist vielmehr eine besondere Gefahr bei hoch begabten Kindern gegeben, fälschlicherweise als aufmerksamkeitsgestört zu gelten, weil sich viele dieser Kinder aufgrund von "geistiger Unterforderung" in der Schule langweilen und mit einem Verhalten reagieren, das in fataler Weise dem Verhaltenssyndrom ähnelt, das als AD(H)S bezeichnet wird? Wie kann die Schule allen diesen Kindern gerecht werden - den hoch Begabten ebenso wie den Kindern mit ADS? Anerkannte Fachleute diskutieren diese Fragestellungen auf dem neuesten Stand der Forschung, Praktiker schildern die Möglichkeiten und Grenzen einer adäquaten Beschulung, der Förderung und der sozialen Integration. Völlig neu und äußerst hilfreich für Eltern, aber auch für LehrerInnen und Therapeuten sind die Beiträge, die Rechtsfragen und Möglichkeiten der Kostenübernahme besonderer schulischer und therapeutischer Maßnahmen erörtern.
Ich kenne die Problematik auch. Bei meiner Tochter war es in der Grundschule genauso. Dort war sie so angepasst und unauffällig, dass es sogar eine Lehrerin gab, die am Ende des Schuljahres nicht mal den Namen meiner Tochter wusste. Zu Hause ist sie dann regelrecht explodiert, weil sie sich ja den ganzen Schultag lang komplett zurücknehmen musste und sich irrsinnig anstrengen musste, alles mitzubekommen. Nachdem sie dann mit 7 Jahren die Diagnose ADHS bekam (zu Hause hatten wir massive Probleme bis hin zu Selbstmordgedanken), haben wir uns für die Gabe eines Medikamentes entschieden. Das hat ihr den Schulalltag enorm erleichtert und sie ist insgesamt sehr viel ausgeglichener. Natürlich haben wir zusätzlich auch noch andere Therapien gemacht, welche aber sicher nicht so gut gegriffen hätten, wenn sie kein Medikament gehabt hätte. Mittlerweile ist sie 15, hat viele Freundinnen und in der Schule läuft es super. Ich bin sicher, dass sie ihren Weg machen wird - und es wird ein guter Weg sein. 🙂
Danke 'Marion Husch'! Bei unserer Tochter wurde die Diagnose mit 8 Jahren gestellt. Im Kindergarten ging es ihr auch nicht gut; aber nachdem sie dann die erste Klasse überspringen konnte (sie ist zusätzl. hochbegabt), geht es ihr nun heute gut (sie kommt jetzt in die 4.). Hoffen wir mal, dass es so bleibt! Alles Gute euch!! <3
Hallo zusammen 🙂
Ich berichte euch aus der anderen Sicht... ich war selber so in der Schule. Erste Klasse übersprungen, weil ich alles konnte. In der Grundschule lief dann alles gut. Bis ich auf die weiterführende Schule kam... Da ging es nur noch bergab bis zur Verweigerung. Mit Ach und Krach und viel Druck von zu Hause so gerade den Abschluss geschafft. Jetzt, mit über 50 und vielen Problemen in den vergangenen Jahrzehnten, weiß ich endlich, wo es herkommt. Bin zwar noch im Diagnoseverfahren, aber ADS und HB stehen im Raum, bereits nach dem ersten Interview.
Wahrscheinlich wäre vieles anders verlaufen, wäre früher (schon in der Grundschulzeit) mein Problem erkannt und behandelt worden. Ich möchte euch ermutigen, eure Kinder zu begleiten und ihnen alle mögliche Hilfe zukommen zu lassen. Verlasst euch bitte nicht drauf, dass es mit einmal Klasse übersprungen gehalten ist.
Wünsche alles Gute für eure Kids 🙂
Hallo Chaosqueen,
vielen Dank für Deinen Bericht.. und wollen wir doch mal ehrlich sein, vor 40 Jahren war ein Diagnose-Verfahren, wie wir es heute kennen doch häufig nicht üblich, da wurde dann alles noch "unter den Teppich gekehrt", was nicht gesellschaftsfähig war... ich hatte in der Schule einen Jungen, auf den - aus heutiger Sicht - ADHS passen würde, aber damals galt er nur als schwierig... niemand wollte etwas mit ihm zu tun haben. Die Mutter war lange allein mit ihm. Heute weiß ich, das der Vater gegangen war, weil der Sohn sich nicht anpassen wollte. Es wäre für alle Beteiligten anders gelaufen, wäre damals schon soviel bekannt über die Erkrankung wie heute.
Hut ab vor Dir, dass Du diesen Weg jetzt gehst!
Dirk Wohld - Super-Moderatorin
Hallo, der Thread ist zwar schon einige Jahre alt, aber es würde mich sehr interessieren, wie Ihr Diagnoseverfahren ausgegangen ist. Hintergrund: Ich habe genau die gleiche Geschichte. Die Grundschule war für mich keine Herausforderung, dementsprechend war ich völlig unauffällig. Ab der 5. Klasse ging es dann steil bergab, in der 6. wurde es richtig extrem. Die vergangenen Jahrzehnte ebenfalls viele Probleme. Ich bin ebenfalls im Diagnoseverfahren, aber die Diagnose hängt davon ab, dass die Symptome im Alter von 8-10 erstmals auftraten, d.h. ich würde durch den Umstand, dass die Grundschule für mich zu einfach war, aus der Diagnose ADS herausfallen. Das löst in mir das Gefühl aus, nun zum zweiten Mal im Leben mit meinem Leiden übersehen zu werden. Würde mich sehr interessieren, ob andere Psychologen das anders sehen. Laut DSM kann der Beginn der Symptome auch später liegen (bis zum 12. Lebensjahr). Über Antwort würde ich mich sehr freuen!
Viele Grüße