Mit einer To-Do-Liste gegen das Chaos in meinem Kopf

Es ist kein Geheimnis, dass AD(H)S bei Erwachsenen zu einem großen Teil durch fehlende Fokussierung gekennzeichnet ist. Sich sehr schwer konzentrieren zu können ist für Menschen mit ADS oder ADHS die wohl verhängnisvollste Symptomatik, denn ohne Konzentration bekommt man nichts auf die Reihe.

ADS / AD(H)S bei Erwachsenen – man denkt an Vieles und gleichzeitig an nichts

Mein Kopf ist immer voll. Voll mit Terminen, voll mit Gedanken, voll mit Ideen, voll mit Eindrücken. Es gibt Tage, da habe ich das Gefühl, dass mir all die Gedanken langsam aus den Nasenlöchern laufen müssten, so voll ist mein Kopf. Und natürlich habe ich auch all das in meinem Kopf, was getan, erledigt oder bedacht werden muss. Typisch für AD(H)S bei Erwachsenen ist es, dass all diese Dinge auch in meinem Kopf bleiben.
Ich habe letzte Woche schlichtweg einen Arzttermin verpasst. Die Regalwand, die ich bräuchte, um mein Arbeitszimmer zu organisieren, ist immer noch nicht aufgebaut. Dabei benötige ich sie so dringend, denn wie es für ADS bei Erwachsenen bezeichnend ist, herrscht dort ein heilloses Chaos. Verabredungen – die wenigen, die ich eingehe – gehen in der Flut der Dinge, die ich zu erledigen habe, schlicht unter. Nicht einmal die Entscheidung, rechtzeitig abzusagen, wird in die Tat umgesetzt, weil ich einfach zu viele Dinge in meinem Kopf habe. Nehme ich mir eine konkrete Erledigung vor, so geht sie im Laufe des Tages, ADS sei dank, einfach verloren in meinem Kopf. Ich kann mich nicht lange genug darauf konzentrieren. Fehlendes Konzentrationsvermögen – ADS oder ADHS könnte nicht präziser und gleichzeitig simpler beschrieben werden.

Mit Stift und Zettel gegen das Chaos in meinem Kopf

Mein Coach hat mir geraten, mich besser zu organisieren und alles aufzuschreiben, was in meinem Kopf ist.
So kann ich mithilfe der To-Do-Liste besser abschalten, denn es ist inzwischen eine permanente Angst in mir, Dinge nicht erledigen zu können. Und diese Angst hindert mich daran, überhaupt anzufangen. Ein Teufelskreis, den sicher viele Menschen mit ADS oder ADHS kennen. Also soll alles einen konstruktiven Weg aus meinem Kopf finden, indem ich es auf einen Zettel schreibe und dann nach und nach abarbeite.
ADHS bei Erwachsenen zeichnet sich unglücklicherweise aber dadurch aus, dass man Dinge, die man voller Begeisterung anfängt, genau so schnell wieder abbricht.
Und so befolgte ich voller Tatendrang den Tipp meines Coaches, musste aber nach nur zwei Tagen feststellen, dass ich mich an diese Aufgabe nicht mehr halten konnte. In erster Linie deshalb, weil ich die To-Do-Liste nicht mehr finden konnte. Ich hab sie verloren. Nichts Ungewöhnliches bei Menschen mit ADS oder ADHS. Und da ich sie nicht mehr finden konnte, hatte ich auch keine Motivation mehr, eine neue zu beginnen.

Es sind die kleinen Dinge im Leben

Ein winzig kleiner Tipp einer Leidensgenossin bei einem Treffen meiner Selbsthilfegruppe gab mir den nötigen Ansatz, von dem ich überzeugt bin, er wird mir helfen, die To-Do-Liste kontinuierlich zu führen und abzuarbeiten.
„Kaufe dir ein Notizheft mit Spiralbindung, kleiner als eine Postkarte, und verbinde das Heft über ein Stück Schnur mit deiner Gürtelschlaufe.“
Genial. Ich bin sehr froh, dass ich mich regelmäßig mit anderen Menschen, die unter AD(H)S leiden, austauschen kann, denn das sind Tipps direkt aus dem Leben. An meiner Gürtelschlaufe befindet sich nun ein kleiner Karabiner, der über eine Schnur zu dem kleinen Spiralblock in meiner Hosentasche führt, der meine To-Do-Liste enthält. Sogar einen winzig kleinen Stift habe ich in einem Schreibwarengeschäft gefunden, der am Block befestigt ist. So kann ich immer und überall meine To-Do-Liste führen und die einzelnen Punkte nach und nach abarbeiten. Ich bin überzeugt, meinem ADS so ein Schnippchen schlagen zu können.

Ein Kommentar

  • alissa333

    Hallo Dirk!

    Wow! Das hast Du wirklich SEHR GUT beschrieben. Toll! Genau so ;-)…ist es (leider). Allerdings habe ich eigentlich vor, genau die von Dir beschriebenen Probleme mit Hilfe von einem Coach in Angriff zu nehmen. So wie Du aber schilderst, hat der Coach hier bisher nicht wirklich die supereffizienten Lösungen und Stützen gebracht, oder?? Bei mir zumindest wäre es mit einer klassischen To-Do-Liste nicht getan. Liste geschrieben..und dann??? Solche Listen schreibe ich ca. 150 x täglich, lege sie an allen möglichen Stellen ab, platziere sie auf Tischen, in Taschen, in der Geldbörse oder verbringe meine Zeit damit, sie in Word zu übertragen, anstatt einfach mal anzufangen. Ätzend. Parallel dazu erfolgt natürlich regelmäßig der Erwerb von wunderschönen brandneuen Kladden, Blöcken, Heften in den unterschiedlichsten Ausführungen, da bin ich dann HOCHMOTIVIERT, nach dem Motto: Jetzt, aber! Naja. Mehr brauch ich dazu wohl nicht sagen.

    Gibt es vielleicht ein gutes Buch mit Vorlagen, die u. a. dabei helfen,
    – wie man Aufgaben nicht nur aufschreibt, sondern richtig aufschreibt (nach Prioritäten usw.)
    – ggf. mit visuellen Hilfen, einem Schema, wie man mit Farben, Visualisierungen arbeiten kann
    – Vorlagen für die Woche und einen Tag
    – Kontrollen, ob Ziele erreicht wurden

    Wenn Du vielleicht einen Literaturtip hast oder einen tollen link im Internet (Downloads mit Dokumentenvorgaben), würde mich freuen.

    Viele Grüße
    Nina

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